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So überschneiden sich Borderline & Autismus

Geschrieben von priovi Team | Dec 11, 2024 10:30:52 AM

In den letzten Jahren wird immer deutlicher, dass eine Borderline-Persönlichkeitsstörung und Autismus-Spektrum-Störung häufiger gemeinsam auftreten, als man zuvor dachte. Studien zeigen, dass sich etwa 10 –15 % der Menschen mit Borderline zusätzlich auf dem Autismus-Spektrum befinden. Beide Störungsbilder teilen einige Gemeinsamkeiten und Überschneidungen, unterscheiden sich aber auch in wichtigen Punkten – was die Diagnose, besonders bei Frauen, oft erschwert. In diesem Artikel informieren wir dich über diese herausfordernde Doppeldiagnose.


  1. Definition: Borderline und Autismus
    1. Was ist die Borderline-Persönlichkeitsstörung
    2. Was ist das Autismus-Spektrum?
  2. Gemeinsamkeiten und Unterschiede
  3. Tipps für den Umgang
  4. Fazit

Definition: Borderline und Autismus

Was ist die Borderline Persönlichkeitsstörung?

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung ist eine komplexe psychische Erkrankung, die sich durch emotionale Instabilität, ein beeinträchtigtes Selbstbild, intensive zwischenmenschliche Beziehungen und Impulsivität auszeichnet. Häufig erleben Betroffene starke Stimmungsschwankungen, Angst vor dem Verlassenwerden und Schwierigkeiten, ihre Gefühle zu regulieren. Das erschwert häufig die Alltagsbewältigung von Borderline-Betroffenen.

Was ist das Autismus-Spektrum?

Autismus ist im klinischen Sinne eine Neuroentwickungsstörung, die durch Beeinträchtigungen einer “neurotypischen” Entwicklung gekennzeichnet ist. Vielleicht hast du den Begriff der Neurodiversität bereits gehört. Zum einen zeigen Betroffene Auffälligkeiten in der sozialen Interaktion und Kommunikation und zum anderen stereotype Verhaltensweisen oder stark eingegrenzte Interessengebiete. Die Wissenschaft geht davon aus, dass Betroffene Umwelt- und Sinneseindrücke anders wahrnehmen und verarbeiten als sogenannte neurotypische Personen. Menschen auf dem Autismus-Spektrum können beispielsweise Schwierigkeiten dabei haben, nonverbale Signale zu deuten, Routinen aufzugeben oder sich spontan an neue Situationen anzupassen.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Borderline und Autismus

Das haben Borderline und Autismus gemeinsam:

  • Schwierigkeiten in sozialen Interaktionen: Sowohl bei Borderline als auch bei einer Autismus-Störung können zwischenmenschliche Beziehungen herausfordernd sein, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Während Menschen auf dem Autismus-Spektrum häufig Schwierigkeiten dabei haben, soziale Signale zu erkennen, berichten Menschen mit Borderline von der Angst vor Zurückweisung und einem dadurch entstehenden Nähe-Distanz-Konflikt.
  • Überempfindlichkeit: Eine ausgeprägte Empfindlichkeit gegenüber Reizen oder emotionalen Triggern ist bei beiden Störungsbildern möglich. Mit einer Autismus-Störung reagieren Betroffene oft empfindlich auf sensorische Reize (z. B. Geräusche oder Berührungen), während bei Borderline-Betroffenen emotionale Auslöser ihrer Empfindlichkeit vorrangig sind.
  • Identitätsprobleme: Beide Gruppen können ein instabiles Selbstbild erleben, wenngleich die Ursachen unterschiedlich sind.
  • Eingeschränkte Mentalisierungsfähigkeit: Sowohl bei Borderline als auch bei Autismus kommt es vor, dass Betroffene eine eingeschränkte Mentalisierungsfähigkeit vorweisen. Das bedeutet, dass sich Betroffene schlecht vorstellen können, welche Gefühle, Bedürfnisse und Gedanken ihr Gegenüber empfindet.

So unterscheiden sich Borderline und Autismus voneinander:

  • Hauptsymptome: Wie bereits definiert, unterscheiden sich die beiden Störungsbilder in ihren Hauptsymptomen. Während Borderline durch emotionale Instabilität und impulsive Verhaltensweisen geprägt ist, stehen bei Autismus Herausforderungen in der sozialen Kommunikation und eingeschränkte, stereotype Verhaltensmuster im Vordergrund.
  • Entstehungshintergrund: Während Borderline oftmals mit traumatischen Erfahrungen in der Kindheit assoziiert wird, hat Autismus neurobiologische Ursachen, die bereits vor der Geburt angelegt sind.
  • Emotionale Ausdrucksweise: Menschen mit Borderline erleben oft intensive Emotionen und zeigen diese auch deutlich. Mit Autismus kann es hingegen schwer fallen, Emotionen zu erkennen oder auszudrücken.

Tipps für den Umgang mit der Doppeldiagnose

  • Therapeutische Unterstützung: Eine geeignete Psychotherapie kann helfen, Emotionen zu regulieren und Beziehungen zu stabilisieren. Für autistische Betroffene sollte die Therapie um Aspekte ergänzt werden, die auf sensorische Empfindlichkeiten und soziale Fertigkeiten eingehen.
  • Selbstfürsorge stärken: Es ist wichtig, eine gute Balance zwischen Reizüberflutung und Isolation zu finden. Regelmäßige Pausen und strukturierte Routinen können helfen.
  • Kommunikationsstrategien entwickeln: Klarheit und Struktur in der Kommunikation sind essentiell, um gute Beziehungen zu Mitmenschen zu pflegen. Erfüllende Freundschaften stärken das Wohlbefinden und bieten Unterstützung, die oft dringend benötigt wird.
  • Individuelle Stärken nutzen:  Viele Menschen mit Autismus verfügen über ausgeprägte analytische Fähigkeiten oder Spezialinteressen. Diese können genutzt werden, um das Selbstwertgefühl zu stärken.
  • Netzwerk aufbauen: Unterstützung von Therapeuten und Therapeutinnen, Selbsthilfegruppen oder spezialisierten Einrichtungen kann Betroffenen helfen, die komplexen Herausforderungen zu meistern und sich ein Sicherheitsnetz zu schaffen.

Fazit - Borderline und Autismus

Die gleichzeitige Diagnose einer Borderline-Persönlichkeitsstörung und Autismus erfordert ein tiefes Verständnis für die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen. Durch eine auf die Person abgestimmte Therapie, Selbsthilfe-Strategien und ein unterstützendes Umfeld kann ein erfülltes Leben trotz der Herausforderungen möglich sein.