Für Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung ist es oft schwer, sich in andere hineinzuversetzen, unter anderem weil die eigenen Emotionen in bestimmten Momenten so überwältigend stark sind, dass für andere Perspektiven kein Raum bleibt.
Doch genau hier liegt der Schlüssel für mehr Ruhe in dir und mehr Verbindung mit anderen: Empathie und Perspektivwechsel.
- Was bedeutet Empathie und warum ist das manchmal so schwer?
- Warum sich der Perspektivwechsel trotzdem lohnt
- Tipps für mehr Perspektivwechsel
- Fazit
Was bedeutet Empathie und warum ist das manchmal so schwer?
Empathie bedeutet, sich in die Gedanken- und Gefühlswelt eines anderen Menschen einzufühlen – mit echtem Interesse, verstehen zu wollen, was in ihm oder ihr vorgeht.
Für Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung kann genau das jedoch besonders herausfordernd sein. Studien zeigen, dass sich bestimmte Gehirnstrukturen bei Borderline-Betroffenen von denen nicht-betroffener Menschen unterscheiden. Diese Unterschiede wirken sich auch auf die Art aus, wie emotionale Zustände anderer wahrgenommen und interpretiert werden. Das könnte erklären, warum es vielen Betroffenen schwer fällt, sich in ihr Gegenüber hineinzuversetzen.
Warum sich der Perspektivwechsel trotzdem lohnt
Ein Perspektivwechsel kann dir helfen:
- Weniger impulsiv zu reagieren (z. B. im Streit)
- Missverständnisse zu vermeiden
- Deine Beziehungen zu stabilisieren, weil du die Reaktionen anderer besser einordnen kannst
- Dich selbst weniger verlassen zu fühlen
Denn oft geht es nicht darum, dass jemand dich ablehnt, sondern dass er oder sie aus der eigenen Unsicherheit handelt.
Tipps für mehr Perspektivwechsel
Die Fähigkeit zur Empathie kann wie ein Muskel trainiert werden. Hier sind drei kurze Übungen für mehr Perspektivwechsel im Alltag:
1. Stop – Feel – Flip
Wenn du emotional getriggert bist, versuche Folgendes:
- STOPP – Mach eine innere Pause und atme zum Beispiel ein paar Mal tief durch. Versuche, nicht sofort zu antworten oder zu handeln.
- FEEL – Spüre in dich hinein. Was fühlst du gerade? Wut? Angst? Scham?
- FLIP – Frage dich: Was könnte im anderen gerade los sein?
2. Der Stuhlwechsel
Stelle dir eine typische Konfliktsituation vor. Nimm zwei (oder drei) Stühle, auf die du dich abwechselnd setzt. Jeder Stuhl steht für eine andere Perspektive.
- Stuhl 1: Deine eigene Sicht. Sprich laut aus: „Ich fühle …, weil ich denke …“
- Stuhl 2: Die Sicht der anderen Person. Versuche, ehrlich aus ihrer Perspektive zu sprechen: „Ich fühle mich unter Druck gesetzt, weil ich nicht weiß, wie ich helfen kann …“
- (Optional) Stuhl 3: Der „neutrale Beobachter“. Was würde ein außenstehender Mensch über die Situation denken?
3. Empathie-Tagebuch
Führe ein kleines Tagebuch, in dem du bei Bedarf diese Fragen beantwortest:
- Was war heute eine schwierige Situation mit jemandem?
- Was habe ich dabei gefühlt?
- Was könnte der/die andere gefühlt oder gedacht haben?
- Was würde ich jemandem raten, der das erlebt hat?
Diese Reflexion hilft dir, deine Emotionen zu ordnen und deine Reaktionen langfristig vielleicht sogar zu verändern.
Wichtig: Du musst nicht immer sofort empathisch sein. Bei starken Gefühlen fällt Empathie gar nicht so leicht. Deine Gefühle dürfen da sein.
Fazit – Empathie kannst du trainieren
Niemand erwartet, dass du in jeder Situation der oder die Verständnisvollste bist. Aber mit kleinen Schritten kannst du lernen, deine eigenen Gefühle zu halten und trotzdem neugierig auf die anderer zu bleiben. So entstehen Beziehungen auf Augenhöhe, in denen du dich sicherer fühlen kannst.
„Wenn ich mich selbst verstehe, kann ich auch andere besser verstehen. Und das ist der Anfang von echter Verbindung.“