Kein Titel (29.7 x 21 cm) (3)-1

Für viele Menschen mit einer Borderline-Erkrankung kann Kommunikation zu einem Minenfeld werden. Nähe tut weh, Distanz aber auch. Worte treffen zu hart oder werden gar nicht erst verstanden. Es scheint, als würde ein falscher Satz reichen, damit ein Kontakt zerbricht.


Die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) nach Rosenberg kann helfen, aus dieser Spirale auszusteigen und ist damit ein kraftvolles Werkzeug für Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung, um ihre Gefühle wahrzunehmen und angemessen zu kommunizieren.


  1. Warum Kommunikation bei Borderline herausfordernd ist
  2. Was bedeutet Gewaltfreie Kommunikation? 
    1. Beobachtung statt Bewertung
    2. Gefühle benennen
    3. Bedürfnisse erkennen
    4. Bitte äußern
  3. Übung: Finde Worte für dein Gefühl
  4. Gewaltfrei mit dir selbst sprechen
  5. Fazit

Warum Kommunikation bei Borderline herausfordernd ist

Menschen, die von einer Borderline-Erkrankung betroffen sind, erleben Beziehungen oft als Achterbahnfahrt. Viele Betroffene erleben Schuldgefühle oder Scham im Kontakt zu anderen und ziehen sich zurück. Andere gehen in die Konfrontation. Was bleiben kann, ist das Gefühl von Einsamkeit und Missverstandenwerden. Generell werden die eigenen Gefühle oft intensiver erlebt und sind schwer zu regulieren. Das kann sich direkt auf die Kommunikation auswirken:

  • Du reagierst eher impulsiv, weil dich Gefühle überwältigen
  • Du fühlst dich schnell abgelehnt oder verletzt, auch bei Kleinigkeiten
  • Du möchtest Nähe, aber fürchtest sie auch, was zu widersprüchlichen Signalen führt
  • Du interpretierst Aussagen negativ, obwohl sie nicht so gemeint waren
Die Methode der Gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg kann in solchen Momenten helfen, kurz innezuhalten, die eigenen Emotionen besser zu verstehen und sich klarer auszudrücken, statt impulsiv zu reagieren.

 

Was bedeutet Gewaltfreie Kommunikation?

Die Gewaltfreie Kommunikation ist ein Kommunikationsmodell, das vom Psychologen Marshall B. Rosenberg entwickelt wurde. Ziel ist es, Konflikte so zu lösen, dass die Bedürfnisse aller Beteiligten gesehen und respektiert werden. Es bietet dir eine klare Struktur, mit der du deine Gefühle sortieren und dich verständlich mitteilen kannst – ohne zu verletzen oder dich selbst zu verlieren.
Besonders hilfreich ist diese Methode für Menschen, die sich oft missverstanden fühlen, intensive Emotionen erleben oder Schwierigkeiten mit Nähe und Distanz haben. 

Die Gewaltfreie Kommunikation basiert auf vier Schritten, die dir Halt geben können, wenn dein inneres Chaos Überhand nimmt:

1. Beobachtung statt Bewertung

Was ist tatsächlich passiert, ohne es zu interpretieren oder zu verurteilen?

Durch reine Beobachtung vermeidest du Vorwürfe und schaffst Raum für einen ehrlichen Austausch.

  • Statt zu sagen:  „Du bist wieder total abweisend.“
  • Sage lieber: „Du hast heute beim Treffen kaum gesprochen.“

2. Gefühle benennen

Viele Menschen mit Borderline können Gefühle sehr stark empfinden, aber schwer benennen. Was fühlst du wirklich in dieser Situation?

  • Statt zu sagen:  „Ich fühle mich, als würdest du mich ignorieren.“
  • Sage lieber: „Ich fühle mich traurig und verunsichert.“
Wichtig: Gefühle sind nicht das Verhalten anderer, sondern das, was in dir passiert.

3. Bedürfnisse erkennen

Bedürfnisse sind universell, wie zum Beispiel nach Verbindung, Respekt, Ehrlichkeit, Ruhe, Freiheit. Welches Bedürfnis steckt hinter deinem Gefühl?

  • Ein Bedürfnis könnte zum Beispiel sein: „Ich brauche Sicherheit und Nähe in unseren Gesprächen.“

4. Bitte äußern

Was wünschst du dir konkret von deinem Gegenüber? Eine konkrete Bitte ist klar, positiv formuliert und freiwillig.

  • So könnte eine Bitte aussehen: „Wärst du bereit, heute Abend mit mir kurz zu telefonieren?“

 

Übung: Finde Worte für dein Gefühl

Viele Menschen mit einer Borderline-Erkrankung spüren ihre Emotionen sehr stark. Häufig fällt es aber schwer, genau zu sagen, was sie eigentlich fühlen. Diese Übung hilft dir, deinen Gefühlswortschatz zu erweitern, also dein inneres Erleben genauer zu benennen. Je besser du deine Gefühle kennst, desto besser kannst du auch mit ihnen umgehen und dich anderen mitteilen.


Schritt 1:
Nimm dir einen Moment Zeit und spüre in dich hinein. Frage dich: „Was fühle ich gerade wirklich?“
Vielleicht ist da ein diffuses Unwohlsein oder ein Gefühlschaos. Alles ist erlaubt. Wichtig ist nur, dass du ehrlich bist.

Schritt 2:
Nimm dir ein Blatt Papier und teile es in die zwei Spalten “Gut” und “Schlecht” ein. In die gute Gefühle-Spalte trägst du alle Gefühle ein, die dir einfallen, die eine positive Stimmung in dir auslösen oder ein Synonym zu “gut” sind. Zum Beispiel ruhig, geborgen, zuversichtlich. In die andere Spalte schreibst du negative Gefühle, wie verwirrt, verärgert, leer.


Wie viele Gefühlsbeschreibungen fallen dir ein?
Je differenzierter du benennst, was du fühlst, desto mehr Kontrolle bekommst du über deine Bedürfnisse und Reaktionen. Mit der Zeit wirst du ein feineres Gespür dafür entwickeln, was in dir vorgeht. Und genau das ist der erste Schritt in Richtung Selbstempathie und einer Gewaltfreien Kommunikation.

 

Gewaltfrei mit dir selbst sprechen

Ein besonderer Aspekt der Gewaltfreien Kommunikation ist die sogenannte Selbstempathie. Selbstempathie ist die Fähigkeit, sich selbst mit Mitgefühl und Verständnis zu begegnen, besonders in schwierigen oder unangenehmen Situationen. Es bedeutet, die eigene Gefühlswelt wahrzunehmen, zu verstehen und zu akzeptieren, ohne sich selbst zu kritisieren oder zu verurteilen. Denn oft gehen wir mit uns selbst besonders hart ins Gericht. Die Gewaltfreie Kommunikation lädt dich ein, auch deine eigenen inneren Dialoge mit Mitgefühl zu führen:

  • Was habe ich beobachtet?
  • Was fühle ich gerade?
  • Welches Bedürfnis steckt dahinter?
  • Was könnte ich mir selbst jetzt Gutes tun?


Diese Praxis hilft dir, emotional stabiler zu werden und auch in Beziehungssituationen klarer zu bleiben.

 

Fazit – Verbindung statt Verteidigung

Gewaltfreie Kommunikation ist ein machtvoller Weg zu mehr Klarheit, Empathie und echter Verbindung. Wenn du lernst, dich ehrlich und gleichzeitig respektvoll auszudrücken, verändert sich oft auch das Verhalten deiner Mitmenschen, weil du ihnen mehr Raum zur Verbindung gibst. Eine angemessene Kommunikation ist oft der Schlüssel zu erfüllenden Beziehungen, trotz der Herausforderungen, die eine Borderline-Erkrankung mit sich bringen kann.



Leave a Reply


Related Posts

priovi Team 15 Mai, 2025

Mehr Empathie bei Borderline: Der Blick auf das Gegenüber

Für Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung ist es oft schwer, sich in andere…

priovi Team 17 April, 2025

Borderline-Typen: Der impulsive Typ

Dieser Artikel ist Teil unserer Reihe über verschiedene Borderline-Typen. Heute geht es um den…

priovi Team 17 April, 2025

Trigger bei Borderline: Auslöser für starke Emotionen

Disclaimer: In diesem Artikel geht es um das Thema Trigger im Zusammenhang mit der…