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Aufräumen mit Mythen: Der Stereotyp & Stilles Borderline

Geschrieben von priovi Team | Aug 16, 2024 6:38:49 AM

 

  1. Wenn die Symptome anders sind
  2. Was ist "Stilles Borderline"?
  3. Typische Merkmale
    1. Krankhafter Perfektionismus
    2. Wut gegen sich selbst
    3. Hohe Empathie und People Pleasing
    4. Angst vor Verlassenwerden
    5. Der "Lieblingsmensch"
    6. Splitting
    7. Gefühle besprechen
    8. Isolation
    9. Negatives Selbstbild & Selbstzerstörung
  4. Was tun, wenn die Symptome anders sind?
  5. Fazit

Wenn die Symptome anders sind

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) wird oft durch dramatische, impulsive Verhaltensweisen und intensive emotionale Ausbrüche charakterisiert. Dieses Bild ist jedoch unvollständig und ignoriert die Vielfalt der Symptome, die bei Betroffenen auftreten können. Ein besonders missverstandener Subtyp ist das sogenannte „stille Borderline“. Aber was ist das genau und wie unterscheidet es sich vom klassischen Bild der BPS?

Was ist "stilles Borderline"?

Stilles Borderline betrifft oft eher introvertierte, sensible Menschen, kann aber auch bei anderen Temperamenten auftreten. Diese Menschen zeigen ihre Symptome auf eine weniger offensichtliche Weise und neigen dazu, ihre inneren Kämpfe und emotionalen Turbulenzen zu verbergen. Dies führt häufig dazu, dass ihre Leiden übersehen oder missverstanden werden.

Hier sind einige typische Merkmale von stillen Borderliner*innen:

  • Krankhafter Perfektionismus
    Stille Borderliner*innen versuchen oft, nach außen hin ein perfektes Bild zu bewahren, selbst wenn sie innerlich zerbrechen. Dieser Perfektionismus zwingt sie, in der Gesellschaft scheinbar zu "funktionieren", obwohl es ihnen schlecht geht. Sie erscheinen pflichtbewusst und kontrolliert, während sie ihre inneren Kämpfe geheim halten. Dies kann dazu führen, dass ihre Krankheit vom Umfeld nicht wahrgenommen wird und sie keine Hilfe erhalten.
  • Wut gegen sich selbst
    Im Gegensatz zu „typischen“ Borderliner*innen, die ihre Wut nach außen tragen, richten stille Borderliner*innen ihre Wut oft gegen sich selbst. Sie sind häufig konfliktscheu und fühlen sich schuldig, wenn sie ihre Wut offen ausdrücken. Stattdessen unterdrücken sie ihre Emotionen oder schaden sich selbst, um mit ihren Gefühlen klarzukommen.
  • Hohe Empathie und People Pleasing
    Stille Borderliner*innen sind oft sehr empathisch und vermeiden es, andere zu verletzen. Sie neigen dazu, die Bedürfnisse anderer über ihre eigenen zu stellen, aus Angst, verlassen zu werden. Dieses extreme People Pleasing führt dazu, dass sie sich selbst vergessen und ihre eigenen Bedürfnisse ignorieren.
  • Panische Angst vor dem Verlassenwerden
    Die Angst vor dem Verlassenwerden ist bei stillen Borderliner*innen besonders stark ausgeprägt. Aufgrund ihrer zurückhaltenden Natur haben sie oft wenige soziale Kontakte und klammern sich daher an die wenigen wichtigen Menschen in ihrem Leben. Verlustangst bei Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) äußert sich oft in extremen und intensiven Reaktionen auf tatsächliche oder befürchtete Trennungen. 

    Beispiel:
    Lisa, die an BPS leidet, ist in einer Beziehung mit ihrem Partner Max. Eines Abends sagt Max, dass er nach der Arbeit mit Freunden ausgehen möchte. Obwohl er ihr versichert, dass es nichts Ernstes ist und er bald zurück sein wird, erlebt Lisa intensive Verlustangst. Sie beginnt sofort, das Schlimmste anzunehmen – dass Max sie verlassen könnte oder dass er sich in jemand anderen verliebt. In Panik schickt sie ihm unzählige Nachrichten und ruft ihn mehrmals an, um sicherzugehen, dass er wirklich mit Freunden ist und sie nicht verlassen will.

    Ein solcher Kreislauf aus Angst und Kontrolle verstärkt das Gefühl der Unsicherheit und Isolation, was letztlich die Symptome der BPS verschlimmern kann. Es ist wichtig, dass Menschen mit BPS Unterstützung und Therapie erhalten, um gesunde Bewältigungsstrategien zu entwickeln und ihre Verlustangst zu verringern.
  • Das Phänomen des Lieblingsmenschen
    Stille Borderliner*innen haben oft einen „Lieblingsmenschen“, um den sich ihre Welt dreht. Dies kann ein Partner, ein Freund oder eine andere Bezugsperson sein. Die Angst, von dieser Person verlassen zu werden, führt dazu, dass sie sich allen Wünschen und Bedürfnissen dieser Person unterordnen, selbst wenn es ihnen schadet.
  • "Splitting" durch Rückzug
    Stilles Borderline beinhaltet auch extremes Schwarz-Weiß-Denken, das sogenannte „Splitting“. Betroffene ziehen sich aus Beziehungen zurück, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Investitionen nicht erwidert werden. Dieser Rückzug kann abrupt erfolgen und führt oft zu Missverständnissen und Konflikten mit ihren Partner*innen oder Freund*innen. Hier findest du Tipps, wie du an Beziehungen besser arbeiten kannst.
  • Schwierigkeiten über Gefühle zu sprechen
    Gerade über ihre Gefühle zu sprechen, kann stillen Borderliner*innen extrem schwer fallen. Sie haben schlechte Erfahrungen mit anderen Menschen gemacht und vertrauen nur schwer. Dies führt dazu, dass sie ihre inneren Kämpfe verbergen und keine Hilfe suchen.
  • Isolation aus Angst vor Verlassenwerden
    Aus Angst vor emotionaler Bindung und dem damit verbundenen Schmerz vermeiden viele stille Borderliner*innen soziale Kontakte. Sie isolieren sich lieber, als das Risiko einzugehen, verlassen zu werden. Diese Isolation kann jedoch ihre psychischen Probleme verschlimmern und zu noch tieferer Einsamkeit führen.
  • Negatives Selbstbild und Neigung zur Selbstzerstörung
    Stille Borderliner*innen haben oft ein negatives Selbstbild, das stark schwanken kann. Sie fühlen sich häufig schuldig und minderwertig, was zu Selbstverletzung oder sogar suizidalen Gedanken führen kann.

    Hier sind einige kurze Beispiele:
     
    • Trotz harter Arbeit glaubt Sarah, dass sie ihren Job nur durch Zufall hat und bald als inkompetent entlarvt wird.
    • Marc ist überzeugt, dass seine Partnerin ihn bald verlassen wird, weil er nicht gut genug für sie ist.
    • Anna sieht sich im Spiegel als hässlich und unattraktiv, obwohl ihre Freunde ihr regelmäßig Komplimente machen.

Ein solch negatives Selbstbild führt zu ständiger emotionaler Instabilität, belastet zwischenmenschliche Beziehungen und erhöht das Risiko für Depressionen und selbstverletzendes Verhalten. Psychotherapeutische Methoden können helfen, diese negativen Gedankenmuster zu ändern und ein stabileres, positiveres Selbstbild aufzubauen.

Dich beschäftigen weitere Themen wie Depressionen, Essstörungen oder du möchtest mehr über Therapiemöglichkeiten wissen? Schaue in unseren anderen Artikeln vorbei, die näher auf die entsprechenden Themen eingehen.

Was tun, wenn Symptome anders sind?

Wenn du das Gefühl hast, dass du unter stillen Borderline-Symptomen leidest, ist es wichtig, dies nicht zu ignorieren. Der erste Schritt ist, sich selbst Zeit zu geben, um diese Erkenntnisse zu verarbeiten. Vertraue dich einer nahestehenden Person an oder suche professionelle Hilfe auf, um eine genaue Diagnose zu erhalten. Selbstdiagnosen können irreführend sein, daher ist es ratsam, sich von qualifizierten Fachpersonen beraten zu lassen.

Wenn du mit einer Fachperson sprichst, kannst du auch gerne priovi ansprechen. priovi ist eine verschreibungspflichtige digitale Gesundheitsanwendung auf Basis der Schematherapie mit dem Fokus auf den Umgang mit Emotionen und der eigenen Biografie. In einem individuellen Dialog begleitet dich Pia, die selbst an Borderline leidet, auf der Reise durch deine Gefühlswelt. Es warten viele Informationen, Gespräche, Übungen und Anleitungen auf dich. Und zusätzlich: priovi kannst du jederzeit nutzen, wann immer du Unterstützung brauchst!

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Fazit

Stilles Borderline ist eine ernstzunehmende Form der Borderline-Persönlichkeitsstörung, die aufgrund ihrer unauffälligen Symptome oft übersehen wird. Wenn du oder jemand, den du kennst, unter diesen Symptomen leidet, ist es wichtig, Unterstützung zu suchen und offen darüber zu sprechen. Jede*r Betroffene verdient es, gehört und verstanden zu werden, unabhängig davon, wie sich ihre Krankheit äußert.