Stress gehört zum Leben dazu – doch für Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung kann er besonders herausfordernd sein. Intensive Gefühle, impulsive Reaktionen und die alltägliche Überforderung treten oft schneller und intensiver auf. Doch es gibt Wege, diesen Stress zu bewältigen, bevor er eskaliert. In diesem Artikel erfährst du, wie Stress wirkt, welche Unterschiede es zwischen positivem und negativem Stress gibt und welche Strategien gegen Stress Borderline-Betroffenen helfen können, belastende Situationen besser zu meistern.
- Was passiert bei Stress im Körper?
- Der Unterschied zwischen gesundem und schädlichem Stress
- Akute Strategien: Soforthilfe bei Stress
- Langfristige Strategien: Stress vorbeugen
- Übung: "Die 5-4-3-2-1-Methode"
- Fazit: Dein Weg zur Stressbewältigung bei Borderline
Was passiert bei Stress im Körper?
Stress ist eine natürliche Reaktion des Körpers auf Herausforderungen. Er aktiviert das sogenannte Fight-or-Flight-System (Kampf-oder-Flucht-Reaktion), bei dem Hormone wie Adrenalin und Cortisol ausgeschüttet werden. Diese steigern kurzfristig Energie, Fokus und Leistungsfähigkeit – eine sinnvolle Reaktion, wenn wir uns tatsächlich in Gefahr befinden. Die Fight-or-Flight-Reaktion hat unseren Vorfahren damals das Überleben gesichert. Die Stresshormone, die dabei im Körper ausgeschüttet wurden, konnten durch entweder Kampf oder Flucht wieder abgebaut werden.
Doch wenn Stress chronisch wird und wir es nicht schaffen, die Stresshormone optimal abzubauen, kann Stress zu Überforderung und gesundheitlichen Einschränkungen führen. Besonders für Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung kann Stress extreme emotionale Reaktionen auslösen und häufig können die Mittel fehlen, Stress angemessen zu bewältigen.
Doch ab wann ist Stress schlecht für das eigene Wohlbefinden?
Der Unterschied zwischen gesundem und schädlichem Stress
Stress ist nicht grundsätzlich schlecht. In der Stressforschung unterscheidet man zwischen:
Eustress, dem positiven Stress
- Entsteht, wenn eine Herausforderung als bewältigbar empfunden wird
- Führt zu Motivation, Leistungssteigerung und positiven Emotionen
- Empfundener Stress klingt nach Bewältigung der Situation wieder ab und hat keine langfristigen Auswirkungen auf die
Gesundheit - Beispiel: Nervosität vor einer Prüfung oder Vorfreude auf eine Reise
Distress, dem negativen Stress
- Entsteht, wenn eine Situation als bedrohlich oder unkontrollierbar erlebt wird
- Kann Angst, Überforderung und emotionale Instabilität auslösen
- Hat langfristig negative Auswirkungen auf die eigene Gesundheit
- Beispiel: Kritik, zwischenmenschliche Konflikte oder das Gefühl, einer Aufgabe nicht gewachsen zu sein
Akute Strategien: Soforthilfe bei Stress
Es gibt einige Stressbewältigungsstrategien bei Borderline, die unmittelbar zur Beruhigung führen. In akuten Stresssituationen können sie dir helfen, deine Perspektive auf die entsprechende Situation zu ändern oder deine Gefühle zu hinterfragen, zu regulieren oder auszudrücken.
- Distanzierung - Einen Schritt zurücktreten
Versuche, dir die folgenden Fragen in akuten Stresssituationen zu stellen:- Muss ich sofort reagieren oder kann ich mir Zeit nehmen?
- Welche Gedanken befeuern meine intensiven Gefühle gerade?
- Was würde mir in diesem Moment helfen, mich sicherer zu fühlen?
- Kognitive Umstrukturierung - Den Blickwinkel ändern
Versuche, belastende Gedanken zu hinterfragen:- Sind meine Gedanken dazu wirklich wahr?
- Wie würde ich einer Freundin in der gleichen Situation raten?
- Welche alternative Sichtweise könnte hilfreich sein?
- Skills einsetzen - Anspannung regulieren
- Ablenkung über deine Sinne: Eiswürfel in der Hand halten, ein scharfes Bonbon lutschen oder anderweitig deine
- Sinne anregen. Das erlaubt dir, dich und deinen Körper wieder zu spüren.
- Bewegung: Kurz rennen, springen oder mit den Händen gegen eine Wand drücken.
- Kreative Ausdrucksformen: Zeichnen, Schreiben oder Musik hören, die dir gut tut.
Langfristige Strategien: Stress vorbeugen
Stress langfristig gelassener zu begegnen ist gar nicht so einfach. Insbesondere bei Borderline sind geeignete Stressbewältigungsstrategien wichtig. Diese drei Strategien könnten dir helfen:
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Selbstreflexion und Trigger erkennen
Lerne dich besser kennen und finde durch regelmäßiges Tagebuchschreiben und Selbstreflexion heraus, was deine wiederkehrenden Stressmuster sein könnten. Welche Situationen, Orte oder Personen lösen immer wieder Stress in dir aus?
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Struktur und Routinen aufbauen
Ein geregelter Alltag schenkt dir Sicherheit, Struktur und kann bestehende Unsicherheiten reduzieren. Routinen sind ein wertvolles Werkzeug, um einem emotionalen Ungleichgewicht entgegenzuwirken. Hilfreich sind z. B.:
- Feste Essens- und Schlafenszeiten
- Planung von Aufgaben in kleinen Schritten
- Regelmäßige Pausen und Erholungsphasen
- Feste Essens- und Schlafenszeiten
- Zwischenmenschliche Stressquellen reduzieren
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- Klare Kommunikation üben: Nutze „Ich-Botschaften“ anstelle von Vorwürfen.
- Grenzen setzen: Lerne, Nein zu sagen, wenn dir etwas zu viel wird.
- Unterstützung suchen: Versuche, vertraute Personen oder professionelle Hilfe einzubeziehen.
- Klare Kommunikation üben: Nutze „Ich-Botschaften“ anstelle von Vorwürfen.
Übung: "Die 5-4-3-2-1-Methode"
Diese Achtsamkeitsübung hilft, sich in stressigen Momenten wieder zu erden und den Fokus auf die Umgebung zu lenken:
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5 Dinge sehen – Schau dich um und benenne fünf Dinge, die du siehst.
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4 Dinge fühlen – Spüre bewusst vier Dinge, z. B. deine Kleidung, den Boden unter den Füßen.
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3 Dinge hören – Achte auf drei Geräusche in deiner Umgebung.
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2 Dinge riechen – Versuche, zwei Gerüche wahrzunehmen.
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1 Sache schmecken – Achte auf einen Geschmack in deinem Mund oder nimm bewusst einen Schluck Wasser.
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Diese Technik hilft, sich von Stressgedanken zu lösen und wieder im Hier und Jetzt anzukommen. Vor allem bei Borderline kann diese Übung Stress reduzieren und durch Achtsamkeit intensive Gefühle regulieren.
Fazit: Dein Weg zur Stressbewältigung bei Borderline
Nicht jede Strategie funktioniert für jeden – probiere aus, was für dich hilfreich ist. Ein guter erster Schritt ist, eine der oben genannten Methoden in deinen Alltag zu integrieren und zu beobachten, wie sie wirkt. Der Weg lohnt sich!